allgemein

Rezension: Die Diva ist ein Mann

Die Diva ist ein Mann – Das große Tuntenbuch

We are all born naked – the rest is drag! Ru Paul

Die ersten Meinungen, die ich zu diesem Buch gelesen habe, stammten leider von Leuten, die es eigentlich nur aufgrund des Titels beurteilten, es aber nicht gelesen hatten. Diese Meinungen spiegelten aber sehr deutlich eine nicht gerade große Akzeptanz für dieses Buch wieder. „auf genau dieses differenzierte Bild bunter Paradiesvögel unter diesem unterhaltsamen Titel habe ich gewartet… “ und ähnliche Meinungen waren zu lesen. Die Transgender Fraktion stellte die Waffen auf und das nur aufgrund eines Buchtitels.

Das war aber völlig unbegründet, denn dieses Buch heißt nicht von ungefähr Das große Tuntenbuch.

Okay, der Titel ist reisserisch und mit Barbie Breakout als Covergirl gibt es die wohl coolsten Tattoos berlins sowie eine Diva der Berliner Szene auf dem Umschlag, aber das ist okay, denn dieses Buch handelt eben nicht von der vielschichtigen Gruppe der Transgender sondern von der eben auch ziemlich vielschichtigen Gruppe der Tunten, die dieses Wörtchen garnicht als Schimpfwort verstehen.

Nichtsdestotrotz wird aber auch in diesem Buch deutlich erklärt, dass es eben mehr gibt…

„Tunte – die; n (ugs. für Frau; Homosexueller mit femininen Gebaren)“ In der Realität hat der schwule Mann im Kleid aber längstVerstärkung bekommen: die lesbische Tunte, die Hetentunte, der heterosexuell lebende Transvestit, die Drag Queen. Gender Trouble par excellence.

Klasse, soetwas zu lesen. Klasse dass überhaupt daran gedacht wurde. Ja, die Tunte ist in der Tat vielseitig und es gibt eben all diese Facetten. Das hat sich übrigens teilweise nichteinmal in der Tuntencommunity herumgesprochen, werde ich doch immer mal wieder wie ein Auto angesehen, wenn irgendwer feststellt, dass ich nicht auf Männer, resp. Männlichkeit stehe.

…Die Tunte kann dazu nichts sagen, da es die Tunte nicht gibt. Es gibt viele Tunte: Gelegenheits- und Dauertunten, homo-, hetero-, bi-, und multi-sexuelle, revolutionäre und opportunistische, frauenfeindliche und feministische Tunten.

… und Personen aller Facetten kommen hierin zu Wort. Trashtunten, Crossdresser, Dragqueens, Travestiestars, Polit-Transen usw…

Schon das Vorwort wurde von einer Person geschrieben, der wohl lange niemand mehr Effekthascherei vorwerfen würde. Lilo Wanders höchstpersönlich schrieb einige Sätze für das Buch. Dahinter geht es Schlag auf Schlag. Nennt mir eine bekannte Drag oder Transe und die Chance ist groß, dass auch sie hier zu Wort kommt Olivia Jones, Gloria Viagra, Mary, Ru Paul, Daphne De Baakel, Ades Zabel, Gaby Tupper, Kaey Tearing, Mataina Ah Wie Süß, Nina Queer, Kaspar Kamäleon, Lady Bunny und und und. okay okay, ein paar fehlen, aber es ist doch schon ein ziemlicher Aufmarsch.

100 Portraits und Interviews erzählen unterschiedlichste Ansichten, Lebensgeschichten und Erlebnisse. es kommen Tunten aus der frühen Tuntenbewegung zu Wort, es wird an verstorbene schillernde Figuren erinnert, es wird der manchmal schwere Stand der Tunte in der Gaycommunity ebenso zu Wort gebracht, wie die Dienste, die die Tunten dieser Community geleistet haben. Man findet die wichtigsten Filme zum Thema. Wigstock wird ebenso behandelt wie Wigstöckel. Aids ist ein Thema und die Schwestern der Perpetuelln Indulgenz. Viele Liedtexte und Zitate runden das ganze ab

Alles in allem sind es 223 sehr lesenswerte Seiten, die versuchen das Bild der Tunte etwas geradezubiegen. Ich finde es ist sehr gelungen und ja, ich kann mit dem Wort Tunte sehr gut leben.