Ich lebe ja nun schon einige Jahre in Berlin und wurde gerade am letzten Wochenende als „Heterosexuellste Transe, die ich kenne“ bezeichnet. Ich weiß zwar bisher nicht wirklich, ob das nun positiv oder negativ zu werten war, aber meine Fußball-Leidenschaft hat da einen ganz gehörigen Anteil dran.

In diesen Jahren in Berlin hat sich die Leidenschaft zum Fußball nicht sonderlich verändert – wenn überhaupt ist sie noch größer geworden. Und die Mannschaft war auch klar. St. Pauli für immer. Es gab in Berlin einfach keine Mannschaft, die mich interessiert hätte. Hertha? Kann nur jemand lieben, der aus Berlin ist, Union? Hat mich auch nicht wirklich überzeugt, als ich sie im Stadion sah und nur versuchte, herauszufinden, wie es im gleichzeitigen Spiel von St. Pauli stand.

Und ebendieser kam gestern zu einem Testspiel (fast) nach Berlin – genaugenommen nach Potsdam Babelsberg. Und nicht nur die Mannschaft sollte kommen, sie sollte noch Thees Uhlmann und die alten Recken von Slime mitbringen. Mehr als genug Gründe, dorthin zu fahren – erst Recht, da Melanie mitkommen wollte, die in Potsdam arbeitet. Wir wollten uns eh schon lange mal auf ein Getränk treffen.

St. Pauli leuchtet nur hier

Ich hatte eigentlich keine Ahnung, wer, wie was Babelsberg so ist, auch von der Fanfreundschaft zu St. Pauli hatte ich keine Ahnung. Nun weiß ich mehr. Das Publikum ist links eingestellt, dieses rührt aus der Potsdamer Hausbesetzerszene der frühen 90er her, es ist antirassistisch, Antisexistisch und Antihomophob eingestellt, das Stadion trägt den Namen Karl Liebknechts, Sticker gegen Rechts allenthalben. Lieblingsgegner ist beispielsweise Hansa Rostock… (Okay und Union scheinbar vermutlich ein inner-Berlinthema). Man fühlt sich wie bei einem kleinen St.Pauli – und das fühlt sich gut an.

Das sahen auch viele andere so, Viele Menschen an diesem Abend trugen Pins oder Schals beider Vereine und das Wort Fanfreundschaft scheint hier keine leer Phrase. Solch gleiche Historie schweißt zusammen. Was sich beim Spiel auch sehr zeigte.

Zwei Stadionsprecher an diesem Abend, einer von St. Pauli, einer von Babelsberg, bei Toren wurde das jeweilige Torlied gespielt und die Fans sangen gemeinsam das Zeckenlied oder den Zwiegesang Aux Armes

B03: Aux Armes
FCSP: Aux Armes
B03: Nous sommes Babelsberg
FCSP: Nous sommes St.Pauli
B03: Et nous allons gagner!
FCSP: Et nous allons gagner!
B03: Allez blau-weiß!
FCSP: Allez braun-weiß!
Zusammen: LaLaLaLaLaLaLaLaLa

Zwei Vereine mit den gleichen Liedern, der gleichen Stimmung, politischen Ausrichtung und ähnlichen historischen Begebenheiten. Ich habe endlich einen Verein in Berlin gefunden, mit dem ich sympathisieren kann. Ich glaube, ich werde Babelsberg nun ab und an mal besuchen – auf jeden Fall näher verfolgen. Auch wenn nicht gerade Slime da spielen 🙂

Aber es war auch so toll. Trotzdem das Spiel gar nicht so groß angekündigt wurde, fand sich mindestens das halbe Oberbaum Eck (OBE) im Karl Liebknecht Stadion ein um Babelsberg 03 gegen den FC St. Pauli zu schauen.

Vom Spiel habe ich aber irgendwie nicht sooo viel mitbekommen, da Melanie und ich uns eigentlich 90 Minuten durchweg unterhielten und nur teilweise aufs spiel achteten. Doch das eigentliche Spiel war an diesem Tag auch fast Nebensache. Zumindest nicht wirklich wichtig.