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Rio Reiser Platz Eröffnung

Nun gibt es also einen Platz über Rio Reiser im Herzen vom 36er Kreuzberg und es gab eine kleine Feier bei der Ton Steine Scherben auftraten, Gloria Viagra moderierte und bei vielen Menschen kochte die Seele.

Um einen Rio Reiser Platz einzuweihen brauchte es einen Platz, der seinen Namen abgibt und dieses ist der Heinrichplatz.

„Da wird Geschichte ausgelöscht“
„Was hat Rio Reiser denn schon geleistet“
„Die armen Menschen, die jetzt alle ihre Daten ändern müssen“
„Aber die ganzen Anwohner wollen das ja gar nicht“
„Rio würde das nicht wollen und sich im Grabe umdrehen“

…und so weiter liest man und hörte man auch den einen oder anderen Menschen dort zetern.

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„Da wird Geschichte ausgelöscht“

joar, geht so, da wird Prinz Heinrich geehrt, der nicht viel mehr als einer von 13 Kindern von Kaiser Friedrich III war und damit ein junger Bruder von Kaiser Wilhelm II. Na gut, er war auch Großadmiral.

Wenn seine Marine nicht im Engelbecken oder im Landwehrkanal ankerte, dürfte sein Einfluss in Kreuzberg eher gering gewesen sein.

Ein preussischer Militarist also

„Was hat Rio Reiser denn schon geleistet“

Für Kreuzberg?
Eine ganze Menge.

Ton Steine Scherben waren wohl mit der Soundtrack, der Kreuzberger Hausbesetzer Szene – Seine Musik war dabei als in Berlin um Häuser und Bausubstanz gekämpft wurde. Um das Bethanien, gegen eine Stadtautobahn. Er war ein Einfluss dafür, dass Kreuzberg heute nicht ein Seelenloser Stadtteil mit Autobahnanschluss ist.

Da brauchen wir nicht einmal um den deutschlandweiten Einfluss als Künstler, Sänger oder seine Sexualität reden.

„Die armen Menschen, die jetzt alle ihre Daten ändern müssen, was das alles kostet“

Der Heinrichplatz ist ein Platz ohne ein Gebäuse, um den herum Strassen verlaufen, die alle nicht Heinrichplatz hiessen.

Es gibt also nicht eine Adresse, die geändert werden muss, nicht einen Briefkopf der geändert werden muss, keinen Ausweis oder ähnliches.

Oh, doch, zwei BVG Haltestellen heissen nun Rio Reise Platz. Wenig Kosten also, noch weniger Aufwand.

Aber die ganzen Anwohner wollen das ja gar nicht“

Ja, es gab 6 Personen, die Einspruch erhoben haben. Wie bereits gesagt, nicht weil sie an einer „Am Heinrichplatz“ Adresse wohnen würden.

Und es war ihnen offenbar auch nicht so wichtig, dass sie diesen Einspruch weiter verfolgten oder gar klagten.

Stattdessen gab e aber Solidaritätsbanner aus einigen Fenstern. Ganz so arg unglücklich waren die Anwohner also wohl nicht.

„Rio würde das nicht wollen und sich im Grabe umdrehen“

ja, vielleicht, vielleicht auch nicht. Woher wissen das die Leute – oder woher wollen sie es wissen – und welcher Rio eigentlich?

der 1972er Ton Steine Scherben Rio, der keine Macht für Niemand sang
der 1988er Rio Reiser, der „Mein Manager erledigt das für mich“ sang?
der 1992er Rio Reiser, der gegen Rechts sang
ein fiktiver 2022er 72 jähriger Rio Reiser vielleicht mit Schulden
ein toter Rio Reiser auf einer fiktiven Wolke, der 26 Jahre nach seinem Tod auf sein Schaffen schaut?

ganz subjektiv glaube ich, der letztgenannte Rio könnte ganz zufrieden sein, eigentlich.

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Er ist Künstler gewesen, Musiker, Texter und ich würde mich sehr wundern, wenn er nicht ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod erfreut wäre, dass seine Kunst ihn selber so lange überdauert. Dass seine Musik heute noch Menschen bewegt, heute noch von Menschen als wichtig erachtet wird. Ist es das nicht, was man als Künstler sich erhofft?

Man kann über Kreuzberg sagen was man will – Kreuzberg ist immer noch nicht Zehlendorf, ist immer noch nicht München. Wenn er heute auf Kreuzberg schauen würde, sähe er die alte Bausubstanz, die alten Häuser, deren Soundtrack zur Rettung – auch – seine Musik war.

Er könnte sehen, dass auf dem Gelände des Bethanien 25 soziale und kulturelle Einrichtungen und Initiativen arbeiten, und das dort einer der letzten Wagenplätze Berlin ist – und ich glaube über seinen Soundtrack zum Bethanien brauchen wir nicht diskutieren.

Er könnte sehen, dass alleine 2022 knapp 1.500 Wohnungen nur ein paar Meter vom Heinrichplatz entfernt rekommunalisiert wurden und somit für die Mieter zu bezahlbaren Mieten gesichert wurden – Die Häuser denen die drin wohnen? Nicht ganz aber besser als die Häuser der deutsche Wohnen.

Glaube ich, das könnte ihm gefallen – zumindest unter der Prämisse, es könnte viel viel schlimmer sein – ja, ich glaube schon.

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Keine Ahnung, wie ein heute von seiner Wolke schauender Rio Reiser zur Politik der Linken und der grünen stände. Ist auch gar nicht wichtig, denn ziemlich sicher kann man davon ausgehen, dass – wenn schon ein Platz seinen Namen tragen soll, dann ein Stimmenbezirk eher etwas für ihn wäre, in dem AFD, CDU & FDP – sowie der ganze weitere Schrott – zusammen – unter 8% der Stimmen erhalten. Solche Plätze gibt es nicht viele in Deutschland.

würde Rio es gut finden, wenn sein Name auf einem Platz prangt – ich weiß es nicht, würde er lieber einen Namen einer Person wie ihn sehen als einen preussischen Militaristen – glaube schon – zumindest wer nicht?

Schlussendlich bin ich mir sicher, dass auch die unterschiedlichen Meinungen zu dieser Umbenennung ihn erfreuen würden.

1. Arschlöcher, die seinen Namen ganz sicher nicht sehen wollen. Wer würde sich da nicht freuen, wenn man der Grund ist, warum Arschlöcher sich ärgern und verlieren.

2. Leute, die sich freuen, dass sein Name auf einem Platz in der Umgebung ist trägt , die zu solch einem Tag ein Rio – Banner aus den Fenstern hängen, für die er offenbar heute noch eine Relevanz hat.

3. Leute, die sich konstruktiv mit der Umbenennung auseinandersetzen, und mit echten Argumenten dagegen sind. Die den Diskurs anfeuern, die in diesem Zusammenhang, auf Kommerz, Kapitalismus, Gentrifizierung, den tatsächlichen Weg zu dieser Umbenennung, Bürgerbeteiligung, oder auch die jüngere Kreuzberger Geschichte hinweise. Auch das bringt doch alle am Ende weiter und kann doch nur gut sein

Denn natürlich gibt es auch gute Menschen, die gegen diese Umbenennung waren. Die fragen ob das nur eine Politikshow war, ob solch ein Platz im Stadtführer die Gentrifizierung nicht noch weiter befeuert, ob die Entscheidung wirklich öffentlich war und auch ob der Heinrichplatz sich nicht lägst von Prinz Heinrich emanzipiert hat und als „Heini“ seine ganz eigene Geschichte in Kreuzbergs Historie hat, die damit irgendwie auch verloren geht.

ehemals besetzte Häuser – Berlin besetzt -https://berlin-besetzt.de/

Heinrichplatz als Zentrum der Oranienstrasse, als Mitte vieler besetzter Häuser wie dem Besetza Eck, als Platz neben dem es in absoluter Nähe heute noch Läden wie Coretex, Franken, SO36 gibt, in dem etwas Rauheit auch heute noch lebt – wie gesagt, der Bereich ist heute auch noch immer nicht Zehlendorf oder München sondern Kreuzberg und die Oranienstrasse auch heute noch eine Strasse in der zwar viele Demonstrationen laufen aber eine AFD/NPD Demo nie ankommen wird.

Und ganz sicher ist das Ufo vom Stern Autonomia mit seinen vielen bunten Wesen auch nicht ganz zufällig gerade in Berlin auf dem Heinrichplatz gelandet. Ich glaube aber es würde genausogut auf dem Rio Reiser Platz landen können.

Ich finde es gut, mit allen, die es konstruktiv blöde finden, würde ich aber trotzdem wohl irgendwo dort ein Bier trinken können.

Alle die es – wegen Rio Reiser doof finden, können mich mal – und müssen nicht unbedingt nach Kreuzberg kommen.

The Voice Finale 2015

Man muss ja alles mal mitgemacht haben – sagte ich mir und war gleich Feuer und Flamme, als ich auf einem Business-Wege eine Einladung zum The Voice Finale 2015 von Pro 7 erhielt. Als offizelle Einladung dann eben auch mit VIP Bändchen und Einladung zur Aftershow Party.

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Die Einladungen seien Gold wert – behauptete mein Kontakt und ich geneige das zu glauben.

Wenn man schon zu solch einem Event geht, dann will man aber auch selber Spaß haben, dachte ich mir und erwähnte, dass ich leicht anders käme – eben in Drag – fragte dann Sheila und wir waren uns einig, glänzen zu wollen.

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Extra dafür kaufte ich noch ein tolles langes Pailetten-Kleid um nicht nur zu glänzen sondern auch zu schillern. Schon mal vorneweg – das wäre eigentlich nicht nötig gewesen. Trotzdem habe ich meine lieblings-Änderungsschneiderei noch eben besucht und mal wieder eine – Aber ich brauche es noch heute – Schnelländerung eingefordert. Hat auch mal wieder geklappt.

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Es regnete und es war kalt auf dem Weg dahin, wir liefen noch ein wenig in die falsche Richtung kamen dann aber auf der VIP Seite an und erfuhren, was wir alles nicht mitnehmen dürften. Kamera – klar, Handys – okay. Handtaschen – äääh?

Keine Ahnung ob Pro7 Angst hatte, das mein Puder-Döschen per W-Lan irgendwas stören würde, oder dass mein Lippenstift eine verkleidete Kamera sei… Handtaschen waren auf alle Fälle verboten. Für eine vielstündige Veranstaltung im warmen Studio wirklich verheerend. Nachschminken oder abpudern nix da!

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Zur Show selber kann man sagen, spannend da mal zugesehen zu haben, aber es entzaubert doch alles, wenn man sieht, dass eigentlich nichts ungeplant dort ist. jedes einzelne Wort des Moderators steht so 1 zu 1 auf dem Teleprompter vor ihm und selbst irgendwelche „spontanen“ Aktionen sind so eingeplant, dass die Kamera dahin schwenken kann, damit in exakt diesem Augenblick gerade an anderer Stelle Menschen auf die Bühne springen und diese dort umbauen, damit am Ende dieser spontanen Aktion, die Bühne bereits umgebaut ist. Selbst spontanes Mitsingen des Publikums wurde vorher angekündigt und geprobt…

Aber The Voice ist eine Maschine, alles greift ineinander und ist top ausgeklügelt. Seien es die Farbwelten, die je nach Nötigkeit zwischen Weiss, Rot und Blau wechseln oder die Lichtshows und Effekte die einfach unglaublich gut waren und mich ein ums andere Mal staunen liessen. Das ganze war echt nichts für Epileptiker. Bäm!

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der einzige bekannte Mensch auf der Aftershow Party: Gloria Viagra

Gewonnen hat dann mit weitem Abstand auch meine Favoritin, was mir allerdings im Endeffekt ziemlich egal war, denn im Gegensatz zu anderen Casting Shows, die ich nicht schaue, konnten hier wirklich alle singen. Wie im übrigen auch die Coaches, die von Security abgeschirmt in allen Werbepausen fleissig Autogramme schrieben, dann allerdings die Aftershow Party schwänzten.

..Bis auf die Stefanie von Silbermond, die allerdings nicht für ein Foto zur Verfügung stand. Das allerdings nicht wegen fortgeschrittenen Star-Allüren, sondern, weil sie meinte, dass sie an diesem Abend eben nicht wichtig sei und wir stattdessen lieber ein Bild mit ihrem Schützling machen sollten… War zwar eigentlich nicht das, was wir wollten, aber natürlich hat sie absolut recht und selbst ohne das Bild ist das wirklich sympathisch.

Es gab dann nicht ein gutes Bild von mir am ganzen Abend. Schade um das Kleid, aber so ist es eben manchmal.

Dragqueens, Transen, Tunten im Schwuz

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Eigentlich schaue ich mir den Newsletter des Schwuz fast nie mehr an, aber dieses Mal schien es interessant zu werden. Er versprach eine Podiumsdiskussion

Überbau im Unterrock. Der Mann im Kleid
Ist die Tunte eine aussterbende Erscheinung?
Podiumsdiskussion: High-Gloss vs. Hinterhof, Polit vs. Glamour, Mainstream vs. Underground – Ist die Tunte tot?

zum 20-jährigen Todestag von Melitta Sundström, Pepsi Boston und Jürgen Baldiga sollte den Tunten gedacht werden, die Berlin in den 80er Jahren politisch bewegt haben. Ausserdem sollte nach vorne geblickt werden: Was ist und macht die Tunte heute?

Diskutieren sollten Jurassica Parka, Toni Transit und Moritz von den Kingz of Berlin, Charlet Crackhouse, Patsy l’Amour laLove, Gloria Viagra, Kaey, Barbie Breakout und Vera Titanic. Charlet war nicht da, stattdessen kam Margot Schlönzke auf die Bühne, die zu diesem Thema auch viel besser passte.

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Damit war also alles, was die vielschichtige Szene so hergibt auf der Bühne. Die typischen Drag Queens, Tunten, Transen, mit Kaey eine Transsexuelle, Drag Kings und alles dazwischen. Es konnte also spannend – oder zumindest interessant.

Klar ist, dass es alleine bei der Definition der Begriffe Transe, Tunte, Drag Queen bei neun Personen vermutlich 25 Definitionen gibt und das zeigte sich ziemlich schnell. Es gab dafür auch einige Einspieler von Popkicker-Gästen, die diese Begriffe mal erklären sollten… Erstaunlich interessante und extrem unterschiedliche Antworten kamen da bei raus.

Ich denke, dass diese Begriffe eh immer reine Selbstdefinition sind. Die Übergänge sind aber fliessend und wie man von anderen wahrgenommen oder genannt wird, darauf hat man eh keine wirkliche Deutungshoheit

Eine Barbie Breakout sieht sich nicht als Tunte und würde wohl auch von kaum jemandem so bezeichnet werden. Klar sie ist eine Dragqueen. Gloria Viagra hingegen kann sowohl als Tunte, wie als Dragqueen durchgehen, eine Margot Schlönzke mag eine Tunte sein, ein Travestieschlachtross 😉 , aber wenn sie will, kann sie auch jederzeit eine Dragqueen sein… Und wenn man eine Tatjana Taft fragt, gibt es in Berlin eh nur „Transen“. Also Who cares, was wer genau ist? Und wenn es schon in einer so kleinen „Gemeinschaft“ so viele Meinungen gibt, wie soll das ein Außenstehender verstehen – und eigentlich ist es auch vollkommen egal. Jeder ist das, was er gerade für sich einnimmt oder sein will.

Schön der Einspieler eines popkicker Gastes: „Ich bin keine Transe, ich bin ganz normaler Mensch“ 🙂

Allgemeiner Konsens war, dass die Tunte immer auch etwas politisches an sich hat, was aber eben nicht bedeutet, dass ein politischer Mann in Frauenkleidern generell eine Tunte ist, wie man ja bei Barbie seit einiger Zeit sehen kann.

Diese zitierte auch Ru Paul, welche sinngemäß sagte „wenn ich mit meinen langen Wimpern die aufschlage, ist es ein politisches Statement“ … da ist es denn auch egal, ob man gerade Glamour Transe ist oder sich extra schangelig gibt. Erstaunlicherweise sagte dass mit anderen Worten auch beispielsweise Kaey für die in einer patriachalen Welt es per se politisch ist, wenn ein Mann Frauenkleider trägt. ich spüre Konsens.

Sicherlich ist das eher die unterste Art der Politik, klar aber meiner Meinung nach ist das vollkommen richtig. Ich würde allerdings noch einen Punkt hinzunehmen, der noch die Sichtbarkeit hinein nimmt. Sicherlich ist es ein anderer Akt, beispielsweise im Schwuz ein Kleid anzuziehen oder so auch noch in die Öffentlichkeit herauszugehen…

Das sagten auch viele bei den Schlussworten „es müsste viel mehr auf die Strasse gebracht werden – egal ob beim Einkaufen oder Klauen bei Karstadt oder sonstwo… Aber wenn ich mir überlege, wen ich ausserhalb des Mehringdamms, Gayparties, CSDs und dem CSD Strassenfest bereits „ungebucht“ gesehen habe, dann müssten sich dort einige an die eigene Nase fassen. Ausser Kaey, die ja nun als Frau lebt und Gloria, habe ich die Damen bisher nicht sonderlich in der Öffentlichkeit gesehen…

Aber es zeigte sich mal wieder, dass es immer schwierig ist, so viele so extrovertierte Gäste auf einem Haufen zu haben, die unterhalten sich nämlich eigen- und selbständig. Da brauchts dann mehr Mikrophone als zugegen sind und Moderatoren stören die dann eigentlich nur noch beim Schlagaustauchsch.. Obwohl die beiden Herrn Moderatoren waren ziemlich gut.

Einig waren die Damen auch bei den Getränken – Zu wenig und ständig alle.
„Barbie wolltest Du was sagen?“
„Nein, ich winke nur nach dem Alkohol“

In diesem Sinne.

Das war dann wohl das letzte Mal im alten Schwuz, das ja nun bald in Richtung Neukölln verschwindet und dem Mehringdamm den Rücken kehrt. schade eigentlich. Ob sie das Melitta Sundström Bild von der Tanzfläche dann wohl mitnehmen?

2. CSD Gala im Friedrichstadt Palast

Gestern war die 2. CSD Gala im Friedrichstadt Palast und durch ein groß promotetes Drag Queen Casting für einen ebenso groß angekündigten Drag Catwalk wurde auch alles dazu getan, dass auch wirklich jeder davon mitbekommt.

bei der – 2. Berliner CSD Gala – im Friedrichstadt-Palast in Berlin
Copyright: Eventpress Herrmann Datum: 14.06.2013

So versammelte sich also am gestrigen Abend alles was Rang und Namen oder auch weder Rang noch Namen hatte im Friedrichstadt Palast um die 2. CSD Gala unter dem Motto „CSD meets Show Me – Glamour is Back“ zu genießen und über den pinken Teppich oder gar die große Bühne zu laufen.

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Foto: Eventpress Herrmann

Knapp 2000. Gäste sollen dagewesen sein und der Palast war ziemlich ausgefüllt um ein homosexualisiertes „Best of Show Me“ zu bewundern, in dem zusätzlich zur eigentlichen Show einige kleine Elemente eingebunden wurden, die besonders gut passten, da wurde eine Dame an der Poledance Stange gegen einen jungen talentierten Mann ausgetauscht oder es gab einige Küsse auf der Bühne zu sehen, die es wohl sonst nicht gab.

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Foto: Eventpress Herrmann

Auch der gut aussehende Sänger des Finales war an diesem Abend eine noch viel besser aussehende Dragqueen. Hey er sollte immer so auf der Bühne stehen. Das sah wirklich gut aus und singend ist er eh über jeden Zweifel erhaben.

Aber die CSD Gala ist ja nicht nur ein Spaß. So zeigte sich in den ersten Bildern gleich schon, dass es mehr ist – und immer mehre wird. Ein Einspieler vom letzten CSD Berlin ergab spontanen Szenenapplaus, als Bilder gegen Homophobie und die damals schon deutlich sichtbaren Anzeichen in Russland gezeigt wurden… Aber dazu werde ich sicher in den nächsten Tagen noch was schreiben. Irgendwie hat die ganze Welt nämlich zur Zeit ganz gehörig einen an der Macke. Und das ist nett ausgedrückt.. Aber zurück zur CSD Gala.

Unbenannt

Es hatte noch einiges an Politik dort, denn drei Zivilcourage Preise wurden vergeben. Einen bekam das Land Argentinien für ein enorm fortschrittliches Gesetz dass es jedem Argentinier erlaubt, sein gefühltes Geschlecht vollkommen leben zu können und anerkannt zu bekommen. Wow. In Zeiten von Rückwärtsgewandtheit ein klasse Zeichen – Absolut Ehrenwert – aber für mich eigentlich unter dem Stichwort „Zivilcourage“ nicht ganz richtig eingeordnet.

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Foto: Eventpress Herrmann

Da passt schon eher der zweite Preisträger Dirk Siegfried, ein Rechtsanwalt, der seit vielen Jahren die Bundesgerichte vor sich hertreibt um nach und nach wichtige Entscheidungen zu erkämpfen, Ehegattensplitting, Hinterbliebenenversorgung und und und. Klingt erstmal nicht Sexy ist es aber, weil es bedeutet Gleichstellung – und darum gehts ja. Vermutlich ist er eine Person non Grata auf jedem CSU/CDU/FDP Fest. Insofern war auch seine Spitze gegen Dirk Niebel sehr sehr verständlich die in etwa hieß „Interessant, dass sich die FDP auf solchen Veranstaltungen als toll auszeichnet und dann doch als Schwarz/Gelb anders entscheidet.

Foto: AEDT – Am Ende Des Tages

Recht hat er. Denn Dirk Niebel hatte direkt davor Kasha Nabagesera ausgezeichnet. Eine ugandische Menschenrechtsaktivistin und Gründerin der Organisation Freedom and Roam Uganda (FARUG), die sich für die Rechte Homosexueller in Uganda einsetzt.. Für mich der – nicht nur – emotionale Höhepunkt der Veranstaltung.

In einem Land, in dem sich solch ein Einsatz gerne mit Ermordung rächt, in einem Land in dem sich Aktivisten wie sie nicht frei bewegen können und keinen festen Wohnsitz haben können ist solch ein Einsatz gar nicht hoch genug zu bewerten. Das ist Zivilcourage – nein, das ist viel mehr als das. Und das Publikum goutierte das mit dem spontanen Erheben von den Stühlen (okay, das tat es später auch noch 2x aber da eher von einigen, die aufstanden aufgezwungen) der nicht endende Applaus für Kasha Nabagesera hingegen war deutlich länger, heftiger und vermutlich auch ehrlicher. Solche Menschen sind Helden und ich bin echt nicht nah am Wasser gebaut, aber das rang mir fast ein Tränchen ab. Ich hoffe der Preis hilft ihr in irgendeiner Art und Weise bei der Arbeit und ist nicht nur ein Preis fürs Regal.

Kasha Nabagesera
Kasha Nabagesera
Foto: Eventpress Herrmann

Ansonsten gab es wie gesagt ein Best of Show Me zu sehen, aber da schaut Ihr lieber in meinen Beitrag über Show me. Tolle Glitzerkostüme, tolle Korper, Frauen und Männer und der tolle Glitzerwasserfall.

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Aber den Abend machten die Besucher aus. Außer auf der tatsächlichen CSD Parade habe ich noch nie eine solche derartige Dichte an berliner Drags gesehen. Leichter ist fast, aufzuzählen, wer nicht da war, als andersherum. Jurassica Parka bezeichnete es als großes Familientreffen… Und irgendwie hatte sie recht. Aber schon am nächsten Samstag sehen sich ja alle zur Parade wieder.

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Foto: Eventpress Herrmann

Zum großen Abschluss, dem Drag Catwalk möchte ich nicht allzuviele Worte verlieren. Nur so viel, ich hatte mir da einiges mehr vorgestellt und das ging einigen so. Choreo? Kostüme? Es gab da sicher das ein oder andere Fragezeichen auf der Bühne… Aber schaut selber:

Jemand sagte, dass sich da sicher mehr machen liesse, aber dann müsse man die jeweiligen Damen wohl einladen und sich nicht drauf verlassen, dass sie schon zum Casting kämen…

Hedwig and the Angry Inch @ Admiralspalast

Hedwig and the angry Inch im Admiralspalast

OLYMPUS DIGITAL CAMERACopyright der „Hedwig Bilder“ Copyright, Peter Frank Hellbrück

Ein Vögelchen zwitschert mir eigentlich seit Jahren zu, dass der Film Hedwig und the Angry Inch ein Knaller sei und mindestens zum cineastischen Grundstock gehören sollte – erst Recht, wenn man sich etwas näher mit der Thematik dieses Filmes beschäftigt bzw. sich in dem Bereich bewegt… Und das tue ich nun einmal…

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Von soetwas habe ich mich aber noch nie beeindrucken lassen. Film und so ist mir größtenteils egal… Meist antworte ich dann damit, dass ich mich dafür ganz gut im Bereich Musik auskenne…. Doof allerdings wenn es sich dann wie in diesem Fall um einen Film mit viel Musik handelt, der sogar als Musical auf dem Broadway gespielt wird oder wurde…

Okay, der Off-Broadway zwar „Nur“ aber wir wollen ja nicht päpstlicher als der Papst sein… genaugenommen kann ich mir auch nicht vorstellen, dass dieses Stück am glitterglitzerbombast Broadway funktionieren würde. dafür ist es einfach zu subersiv, wie ich gestern erleben konnte, denn gestern war die Premiere vom Hedwig and the Angry Inch Musical im Admiralspalast

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Und was hab ich da nicht schon alles gesehen… Musicals wie beispiel Moulin Rouge, die zur Pause bereits die Hälfte des Publikums vergraultspielt hatten genauso wie echte Kracher (The Producers, Rocky Horror Picture Show) mit verdienten Standing Ovations und glücklichen Gesichtern… Vorweg: Für mich gehört Hedwig And The Angry Inch eindeutig in die letzte Kategorie. Ich habe mich köstlich amüsiert und unterhalten gefühlt… Und mich ständig gefragt, wie so etwas in Amerika laufen kann, denn das Musical gehört eindeutig in diese Stadt und außerdem – wie können die prüden Amerikaner soetwas anschauen..

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Hedwig ist nämlich ein Berliner Junge, der im Osten aufwächst. Hedwig ist laut, berlinert, bisweilen obszön, trashig, musikalisch, pampig, mit großer Bünenpräsenz, dabei verdammt cool und ne Transe oder um es einfach zu machen, eine Melange aus viel Gloria Viagra mit Squeezebox ohne Sherry Vine, angereichert mit etwas Sweety Glitter und gewürzt mit dem besseren einer Nina Queer und einigen anderen Berliner Nachtgeschöpfen.

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Die Geschichte dieses jungen ist einfach erzählt. Hans – ein femininer Berliner Junge eingesperrt in der DDR – scheinbar verdammt guter Bläser verliebt sich in einen GI. Mit Perücke, einer gescheiterten OP, die ihm den Angry Inch übrig lässt und dem Pass der Mutter sowie einer Heirat mit diesem GI reist Hans als Hedwig in die USA aus.

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Der GI betrügt sie, im Trailerpark sieht sie in den USA die Mauer fallen… Nun ist sie eine weltweit ignorierte Chanteuse und man sitzt inmitten einem ihrer Konzerte und erfährt ihre Lebensgeschichte und was es mit diesem Tommy Gnosis auf sich hat, der all ihre Songs geklaut hat und damit zum Star wurde… aber dazu sollte man Hedwig im Admiralspalast besuchen… und dazu rate ich jedem.

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Hedwig and the Angry Inch ist wohl das Musical mit dem höchsten Wortanteil, das ich je gesehen habe, aber extrem witzig, subversiv, cool. Mit massig Anteilen, die man eigentlich nur verstehen kann, wenn man Berlin kennt – zumindet ein kleines bisschen. Ich hab mich niemals gelangweilt aber umso häufiger herzhaft gelacht. Die Musik dazu ist rockig-trashig tanzbar, ich finde, sie hätten die Stühle auch zur Seite räumen können um einfach zu tanzen. Dazu ist die Absinth-Bar im Keller des Admiralspalast ein wirklich optimaler Ort für solch ein Musical. Kurzum: Alles richtig gemacht.

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Ich wünsche den Machern, dass es ein großer Erfolg wird und die Berliner den Keller im drei mal insolventen Admiralspalast (lernte ich aus dem Musical 😉 ) bevölkern. Also: mein Befehl hingehen und unterhalten lassen … 🙂

Queerboot – Party-Dampfer auf der Spree

Rote und Blaue Federn und tanzende Menschen überall

Auch dieses Jahr fuhr mal wieder das Queerboot durch Berlin. Größer als je zuvor, mindestens genau so laut wie je zuvor und mit bis zu drei Dancefloors. Dazu mit einem Showprogramm aus Lola und Sandy, den Teaserettes, Tara, Sheila als Moderateuse und Gloria Viagra hinter einem der Regler… Kann man mal besuchen.

Genaugenommen überlegte ich eine ganze zeit, ob ich denn kommen sollte, aber oben genannte Personen schienen mir ein Argument zu sein, Nadine ebenfalls und Sam, die sich nach berlin begeben wollte… Sam(antha) war die allererste Person, die ich als Zoe kennenlernte. Das ist locker 10 Jahre her und sie lud mich damals zu sich ein und sah toll aus… ganz im Gegensatz zu mir damals, und auch wenn wir alle paar Jahre mal irgendwo schrieben sahen wir uns all die Jahre nie irgendwo. Voila Sam und ich.

Vor allem war ich aber mit Nadine unterwegs, nicht gerade als doppeltes Lottchen, aber doch ähnlich. Gut, ihre Haare schwarz, meine blond, ihr Kleid weiss, meines schwarz, ihre Schuhe blau, meine rot und die Federboas ebenfalls unterschiedlich… Federboas? Ja genau, 10 jeweils, wir dachten, wir versuchen ein wenig aufzufallen und uns jeweils einen netten Federschweif zu gönnen und jeweils passende Schuhe. Nadine besuchte Deko Behrendt, ich sorgte für Schuhe und schon besuchten zwei Paradiesvögel das Queerboot.

….Und schon kurze Zeit später hat jeder das gewusst, und dafür musste man uns nicht einmal gesehen haben, denn wir haben frei nach Hänsel und Gretel liessen wir auf unseren Wegen immer kleine Kiesel Federn zurück, so dass ziemlich klar war, wo wir uns schon so überall herumgetrieben haben.. Bei etwa sechs Stunden auf einem Boot, ist das nach kurzer Zeit das gesamte Boot und man konnte die Veranstalter nur beglückwünschen, dass sie das gesamte Boot mit Plastik ausgelegt haben, sonst würden dort vermutlich heute noch rote und blaue Federn herumfliegen 🙂 Sorry.

140 Transen und Freunde auf einem Boot. Dazu laute Beats und schreiendhohe Höhen. Ein Anblick, der wie üblich am Ufer und bei jeder Brücke für staunende Gesichter sorgt. Immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen Kameras dabei haben und schnell zücken können.

Auf dem Boot halte ich mich da lieber an echte Fotografen wie Daggi und Diana, ihre Freundin. Normalerweise trifft man die beiden ja immer zum CSD in Köln und Hamburg, aber dieses Jahr, liefen wir uns irgendwie nicht über den Weg. Umso schöner, die beiden dann eben auf dem Queerboot zu treffen und ein wenig zu quatschen… 6 Stunden sind ausreichend, um mit jedem, mit dem man dieses denn möchte ein paar Wörter – oder auch mehrere zu wechseln. Das macht solch eine Schiffahrt extrem nett…

Dazu ein paar nette Shows und Sheilas schlagfertige und daurchaus witzige Moderation und selbst das Wetter spielte absolut mit. Was will man mehr. Eigentlich alle Personen, die ich sprach waren vollends zufrieden mit der Seeschiffahrt, selbst die Teaserettes, Tara, Gloria und Diana, die vorher wohl alle etwas unbestimmt ob der Aussicht mit einem solch beladenen Boot über die Spree zu schippern waren.

Und es war wie Nina Queer im Irrenhouse immer sagt: Ist die Show zu Ende, fängt die Party an. Es war mittlerweile dunkel, Gloria machte einen dritten Floor vorne auf, oben und hinten beschallten die False Friends die Menge und der ganze Dampfer tanzte.

Ehrlich, mehrere Stunden konnte man hingehen, wo man wollte, es wurde getanzt, was die Füße in den Heels noch hergaben, mein Favoriten Dancefloor war zwar Glorias, aber dort war es so heiss, dass bald Kondenswasser von der Decke tröpfeln musste, aber das war auch egal, dann ist man eben rausgegangen und hat dort weitergetanzt… und zwar so, dass Montag ein Schnupfen offenbar bei einigen das Ergebnis war.

Die letzten zwei Stunden im dunklen war das Queerboot echt ein Partydampfer mit einer Stimmung, wie sie nicht so oft auf der Spree vorkommen wird…

So kann man auuch nächstes Jahr wieder hingehen, vielleicht kommen dann ja auch alle die, die dieses Jahr schwänzten, gell Jessi?