Auch wenn Canan Bayram bereits in ihrer zweiten Periode für die Grünen im Bundestag sitzt, ist Ströbele nun einmal der Politiker, der das erste Direktmandat für die Grünen geholt hat und es immerhin drei weitere Zyklen verteidigt hat.
Ströbele Wählen heisst Fischer quälen
Auch wenn ich in seinen letzten Tagen nicht mehr mit allen seinen Aussagen konform ging (Waffenlieferungen an die Ukraine), war Ströbele doch einer der ganz wenigen Politiker, dem ich vertraut habe, der sich von nichts und niemandem verbiegen ließ.
Mit dem (immer sehr klar geholten) Direktmandat im Rücken konnte er auch seine eigene Partei in den Wahnsinn treiben, wenn grüne Entscheidungen seinem Empfinden entgegenliefen. (in den meisten Fällen war ich dann auch eher bei ihm als bei den Grünen)
Diese teilweise Opposition gegen Grüne Entscheidungen führten dazu, dass die Berliner Grünen Ströbele keinen sicheren Platz auf der Berliner Landesliste mehr gaben – doch das hat ihn eigentlich nur noch stärker gemacht, da er dann noch eindeutiger eben nur von der Friedrichshain Kreuzberger Bevölkerung gewählt wurde und sich auch mal die Opposition leisten konnte.
Ströbele war in Kreuzberg über viele Jahre wirklich bei jeder Demo allgegenwärtig vor Ort mit seinem blauen Pullover und seinem Fahrrad – und selbst wenn er lange nicht mehr (oder gar nie?) in Kreuzberg wohnte, schien es doch so, als läge ihm der Stadtteil am Herzen.
Er ist der einzige Politiker, bei dem ich mich mal persönlich für Seine Arbeit bedankt habe.
(es war auf einer Demo gegen Gentrifizierung und er hatte bereits bekanntgegeben, dass er nicht noch einmal als Direktkandidat antreten würde als er mit seinem Fahrrad am Rand stand – und ich war nicht der einzige, der sich dort bei ihm bedankte)
Vielleicht musste man nicht mit jeder seiner Entscheidungen mitgehen, aber es gab wohl kaum einen standhafteren und für seine Überzeugung eintretenden Politiker als ihn.
Nun gibt es also einen Platz über Rio Reiser im Herzen vom 36er Kreuzberg und es gab eine kleine Feier bei der Ton Steine Scherben auftraten, Gloria Viagra moderierte und bei vielen Menschen kochte die Seele.
Um einen Rio Reiser Platz einzuweihen brauchte es einen Platz, der seinen Namen abgibt und dieses ist der Heinrichplatz.
„Da wird Geschichte ausgelöscht“ „Was hat Rio Reiser denn schon geleistet“ „Die armen Menschen, die jetzt alle ihre Daten ändern müssen“ „Aber die ganzen Anwohner wollen das ja gar nicht“ „Rio würde das nicht wollen und sich im Grabe umdrehen“
…und so weiter liest man und hörte man auch den einen oder anderen Menschen dort zetern.
joar, geht so, da wird Prinz Heinrich geehrt, der nicht viel mehr als einer von 13 Kindern von Kaiser Friedrich III war und damit ein junger Bruder von Kaiser Wilhelm II. Na gut, er war auch Großadmiral.
Wenn seine Marine nicht im Engelbecken oder im Landwehrkanal ankerte, dürfte sein Einfluss in Kreuzberg eher gering gewesen sein.
Ein preussischer Militarist also
„Was hat Rio Reiser denn schon geleistet“
Für Kreuzberg? Eine ganze Menge.
Ton Steine Scherben waren wohl mit der Soundtrack, der Kreuzberger Hausbesetzer Szene – Seine Musik war dabei als in Berlin um Häuser und Bausubstanz gekämpft wurde. Um das Bethanien, gegen eine Stadtautobahn. Er war ein Einfluss dafür, dass Kreuzberg heute nicht ein Seelenloser Stadtteil mit Autobahnanschluss ist.
Da brauchen wir nicht einmal um den deutschlandweiten Einfluss als Künstler, Sänger oder seine Sexualität reden.
„Die armen Menschen, die jetzt alle ihre Daten ändern müssen, was das alles kostet“
Der Heinrichplatz ist ein Platz ohne ein Gebäuse, um den herum Strassen verlaufen, die alle nicht Heinrichplatz hiessen.
Es gibt also nicht eine Adresse, die geändert werden muss, nicht einen Briefkopf der geändert werden muss, keinen Ausweis oder ähnliches.
Oh, doch, zwei BVG Haltestellen heissen nun Rio Reise Platz. Wenig Kosten also, noch weniger Aufwand.
„Aber die ganzen Anwohner wollen das ja gar nicht“
Ja, es gab 6 Personen, die Einspruch erhoben haben. Wie bereits gesagt, nicht weil sie an einer „Am Heinrichplatz“ Adresse wohnen würden.
Und es war ihnen offenbar auch nicht so wichtig, dass sie diesen Einspruch weiter verfolgten oder gar klagten.
Stattdessen gab e aber Solidaritätsbanner aus einigen Fenstern. Ganz so arg unglücklich waren die Anwohner also wohl nicht.
„Rio würde das nicht wollen und sich im Grabe umdrehen“
ja, vielleicht, vielleicht auch nicht. Woher wissen das die Leute – oder woher wollen sie es wissen – und welcher Rio eigentlich?
der 1972er Ton Steine Scherben Rio, der keine Macht für Niemand sang der 1988er Rio Reiser, der „Mein Manager erledigt das für mich“ sang? der 1992er Rio Reiser, der gegen Rechts sang ein fiktiver 2022er 72 jähriger Rio Reiser vielleicht mit Schulden ein toter Rio Reiser auf einer fiktiven Wolke, der 26 Jahre nach seinem Tod auf sein Schaffen schaut?
ganz subjektiv glaube ich, der letztgenannte Rio könnte ganz zufrieden sein, eigentlich.
Er ist Künstler gewesen, Musiker, Texter und ich würde mich sehr wundern, wenn er nicht ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod erfreut wäre, dass seine Kunst ihn selber so lange überdauert. Dass seine Musik heute noch Menschen bewegt, heute noch von Menschen als wichtig erachtet wird. Ist es das nicht, was man als Künstler sich erhofft?
Man kann über Kreuzberg sagen was man will – Kreuzberg ist immer noch nicht Zehlendorf, ist immer noch nicht München. Wenn er heute auf Kreuzberg schauen würde, sähe er die alte Bausubstanz, die alten Häuser, deren Soundtrack zur Rettung – auch – seine Musik war.
Er könnte sehen, dass auf dem Gelände des Bethanien 25 soziale und kulturelle Einrichtungen und Initiativen arbeiten, und das dort einer der letzten Wagenplätze Berlin ist – und ich glaube über seinen Soundtrack zum Bethanien brauchen wir nicht diskutieren.
Er könnte sehen, dass alleine 2022 knapp 1.500 Wohnungen nur ein paar Meter vom Heinrichplatz entfernt rekommunalisiert wurden und somit für die Mieter zu bezahlbaren Mieten gesichert wurden – Die Häuser denen die drin wohnen? Nicht ganz aber besser als die Häuser der deutsche Wohnen.
Glaube ich, das könnte ihm gefallen – zumindest unter der Prämisse, es könnte viel viel schlimmer sein – ja, ich glaube schon.
Keine Ahnung, wie ein heute von seiner Wolke schauender Rio Reiser zur Politik der Linken und der grünen stände. Ist auch gar nicht wichtig, denn ziemlich sicher kann man davon ausgehen, dass – wenn schon ein Platz seinen Namen tragen soll, dann ein Stimmenbezirk eher etwas für ihn wäre, in dem AFD, CDU & FDP – sowie der ganze weitere Schrott – zusammen – unter 8% der Stimmen erhalten. Solche Plätze gibt es nicht viele in Deutschland.
würde Rio es gut finden, wenn sein Name auf einem Platz prangt – ich weiß es nicht, würde er lieber einen Namen einer Person wie ihn sehen als einen preussischen Militaristen – glaube schon – zumindest wer nicht?
Schlussendlich bin ich mir sicher, dass auch die unterschiedlichen Meinungen zu dieser Umbenennung ihn erfreuen würden.
1. Arschlöcher, die seinen Namen ganz sicher nicht sehen wollen. Wer würde sich da nicht freuen, wenn man der Grund ist, warum Arschlöcher sich ärgern und verlieren.
2. Leute, die sich freuen, dass sein Name auf einem Platz in der Umgebung ist trägt , die zu solch einem Tag ein Rio – Banner aus den Fenstern hängen, für die er offenbar heute noch eine Relevanz hat.
3. Leute, die sich konstruktiv mit der Umbenennung auseinandersetzen, und mit echten Argumenten dagegen sind. Die den Diskurs anfeuern, die in diesem Zusammenhang, auf Kommerz, Kapitalismus, Gentrifizierung, den tatsächlichen Weg zu dieser Umbenennung, Bürgerbeteiligung, oder auch die jüngere Kreuzberger Geschichte hinweise. Auch das bringt doch alle am Ende weiter und kann doch nur gut sein
Denn natürlich gibt es auch gute Menschen, die gegen diese Umbenennung waren. Die fragen ob das nur eine Politikshow war, ob solch ein Platz im Stadtführer die Gentrifizierung nicht noch weiter befeuert, ob die Entscheidung wirklich öffentlich war und auch ob der Heinrichplatz sich nicht lägst von Prinz Heinrich emanzipiert hat und als „Heini“ seine ganz eigene Geschichte in Kreuzbergs Historie hat, die damit irgendwie auch verloren geht.
Heinrichplatz als Zentrum der Oranienstrasse, als Mitte vieler besetzter Häuser wie dem Besetza Eck, als Platz neben dem es in absoluter Nähe heute noch Läden wie Coretex, Franken, SO36 gibt, in dem etwas Rauheit auch heute noch lebt – wie gesagt, der Bereich ist heute auch noch immer nicht Zehlendorf oder München sondern Kreuzberg und die Oranienstrasse auch heute noch eine Strasse in der zwar viele Demonstrationen laufen aber eine AFD/NPD Demo nie ankommen wird.
Und ganz sicher ist das Ufo vom Stern Autonomia mit seinen vielen bunten Wesen auch nicht ganz zufällig gerade in Berlin auf dem Heinrichplatz gelandet. Ich glaube aber es würde genausogut auf dem Rio Reiser Platz landen können.
Ich finde es gut, mit allen, die es konstruktiv blöde finden, würde ich aber trotzdem wohl irgendwo dort ein Bier trinken können.
Alle die es – wegen Rio Reiser doof finden, können mich mal – und müssen nicht unbedingt nach Kreuzberg kommen.
Dieses Jahr sollte der kürzeste CSD in Berlin die Trans Pride Berlin sein. Der doch ziemlich kurze Weg vom Kottbusser Tor bis zum Mariannenplatz – das sind knapp unter einem Kilometer.
Drei kids redeten und alle hatten Tränen in den Augen, mehrere trans Muslims auf der Bühne, transmen, transwomen, weiße, people of color, jüngere, ältere, So viele tolle Menschen.
Solche Veranstaltungen lassen doch auf eine bessere Zukunft hören
Am Ende gabs dann aber wohl doch wieder Vvorwürfe und Knatsch der einen maginalisierten Teilgruppe gegen die andere maginalisierten Teilgruppe… Wieder interne Kämpfe der eigentlich guten untereinander statt zusammen gegen die bösen zu kämpfen. Die gabs gestern auch.
Zumindest ein radikaler Christ, bekam von der Polizei nen Platzverweis wurde von der Polizei vom Mariannenplatz geleitet.
Vorher hat er sehr seltsame Dinge von sich gegeben.
ich gab eine richtig gute Silhouette ab.
Zur Abschlusskundgebung am Mariannenplatz
Später kamen noch einige Personen, die ich kannte, weil ich mit ihnen jede Woche Fussball im Oberbaum Eck schaue. Die meisten kannten mich bereits, einer nicht, und er erkannte mich nicht – zumindest bis ich mit ihm sprach 🙂
Vor einem Jahr bin ich zufällig an einem Wochenende durch Kreuzberg gestreift und am Mariannenplatz vorbeigekommen und sah da eine bunte schar an ebenso bunten Menschen
Näher angeschaut, stellte ich fest, dass sich das um eine Veranstaltung handelte, von der ich gar nichts mitbekommen hatte, einem CSD in Berlin – allerdings einem etwas anderem – einem „anarchistischem CSD“
mit wirklich vielen Menschen, die mir diesen „CSD“ sehr sympathisch machten.
Trans Personen, bunte Haare, Punk Attitüde und einfach Menschen zu denen ich mich zugehörig fühlen könnte.
WOW. Anarchistischer CSD? Sowas gibt es? Warum weiss ich davon nichts? Und warum bin ich nicht gedresst? Wenn das noch einmal ist, werde ich 100% da sein und dann gefälligst gedresst.
…dachte ich
ich suchte extra einige zeit vorher danach, fand aber nichts im Internet und dachte, dass dieser CSD dann eben in diesem Jahr nicht stattfinden würde – vermutlich wieder irgendwelche linken Streitigkeiten.
Zufällig lief ich aber auch heute wieder durch Kreuzberg – und wieder am Mariannenplatz vorbei – und – wieder diese illustre Schar an bunten Leuten – und ich wieder undressed.
Scheisse
Aber nun weiss ich zumindest, WO ich im nächsten Jahr Infos finde, wenn ich denn wieder danach suche:
Seit 2014 als ich ZSK auf dem Myfest an der legendären CORETEX Bühne sah, bin ich fan.
Die „Herz Für die Sache“ Platte ist für mich das beste nach Slimes Schweineherbst, was Deutschpunk so fabriziert hat. Daher war klar, dass ich ZSK im SO36 dringend sehen musste, aus wenn ich durch Corona auf das Konzert weitaus länger warten musste, als geplant.
Aber hey, das Warten lohnte sich, und ZSK waren gut drauf bei ihrem Heimspiel – und das ausverkaufte SO36 war auch gut drauf
Für mich war es das erste Konzert nach Corona – oder zwischen Corona und was soll ich sagen – es fühlte sich sehr seltsam an mit so vielen Leuten auf so kleinem Raum.
Ich habe es aber schnell vergessen, da das Konzert sehr sehr sehr großartig war