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Berlin bleibt Bunt – NPD Demo in Berlin Kreuzberg äääh Mitte

Wenn die NPD oder andere Rechte durch Berlin ziehen wollen, dann bin ich da, das ist gar keine Frage.

Racist not welcome

Dieses Jahr allerdings, war die Sache noch etwas anders als sonst. Als ich den Aufruf las, wurde es für mich eine persönliche Angelegenheit

Kreuzberg muß befreit werden – sicher, sauber, ordentlich!
Weg mit Multikulti – Kriminalität – Verslumung!

Seit rund drei Jahrzehnten ist der heutige Berliner Ortsteil Kreuzberg ein multikulturelles Ärgernis. Überfremdung, Multikulturalität, Kriminalität und eine sich eigendynamisch verstärkende Verslumung sind die kennzeichnenden Begriffe des vollständigen Versagens der rot-grünen Politikerklasse Kreuzbergs. Viele Menschen benutzen den Namen Kreuzberg sinngemäß als Ersatzbegriff für Rauschgift, Islamismus, Verbrechertum, Anarchie, Müll, Gewalt und Tod. Der Landesverband Berlin der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) vertritt die Auffassung, daß die von den SOZI-LINKS-GRÜN-CDU-PIRATEN vorsätzlich herbeigeführten multiasozialen Zustände durch zivilgesellschaftlichen Widerstand öffentlich angeprangert werden müssen. Zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen Gewalt und Multikulturalität – für deutschen Humanismus und menschenwürdige Ordnung muß die Brennpunkte von Multikulturalismus, Kriminalität und Verslumung aufsuchen.

Daher demonstriert die NPD mit befreundeten Gruppen und allen Menschen die sich gegen diese Verhältnisse wehren wollen am 26. April 2014um 12:00 Uhrfür ein sauberes, ordentlich deutsches Kreuzberg –

gegen Multikulti, Multiasi, Multikrimi!

Der multikulturelle Stadtspaziergang soll die zur Zeit bekanntesten Brennpunkte der antihumanen SOZI-LINKS-GRÜN-CDU-PIRATEN-Politik aufsuchen. Wir wollen folgende Orte besichtigen:

Gerhart-Hauptmann-Schule – Oranienplatz – Görlitzer Park – Kottbusser Tor!

Bäääämmm! Multikulturalismus
Bäääämmm! Kreuzberg
Bäääämmm! Oranienplatz

Kreuzberg muß befreit werden??? Von wem?
Meiner Meinung nach von Rechten, die dort hinwollen!!
Das sie niemand hier will zeigt das Wahlergebnis eindrucksvoll (2 Stimmen in meinem Wahllokal)

tante-horst-oranienstrasse
Tantchen hat recht

Rechte, die genau vor meinem Fenster aber weit genug weg um mit Tomaten zu treffen durch Kreuzberg marschieren? No Way. Nicht mit mir. – Wobei ich mir von Anfang an sicher war, dass diese Route durch die Häuserschlucht der Oranienstrasse eine halbe Woche vor dem 1. Mai eh nicht genehmigt würde.

Video von Leftvision

Das dachten offenbar auch andere, und so hielt sich die Mobilisierung (sehr) in Grenzen. Kaum Plakate, kaum Flyer kaum Informationen. Ich hatte bereits Angst, es wisse gar niemand davon. Ich täuschte mich.

ipp

48 Stunden vor der geplanten NPD Demonstration gab die Polizei eine geänderte Route in die Öffentlichkeit. Jannowitzbücke – Moritzplatz – dann Richtung TAZ Gebäude in Mitte. Kein Oranienplatz mehr, keine Oranienstrasse und „nur“ eine Zwischenkundgebung knapp 200 Meter von mir am Moritzplatz und somit nur knapp in Kreuzberg.

sage club npd demo
Auf dem Rückweg war das Sage wieder frei. Auf dem Rückweg war ab hier hermetisch abgeriegelt.

Besser aber nicht gut. Und so machte ich mich unter meinem persönlichen Motto am Samstag auf den Weg. Und in meinem persönlichen Tagesmotto „Berlin bleibt Bunt und Kreuzberg erst Recht“ sowie in Erfahrung von vor vier Jahren als sich Clara mehr oder weniger ungestoppt enfemme durch den Polizeikorridor bewegen konnte, weil die Herren in Grün irgendwie mit ihr nicht umgehen konnten, warf ich mich in Schale um den Moritzplatz zu verteidigen…

gilt das als Vermummung?
gilt das als Vermummung?

…Konnte aber schon um 11 Uhr sehen, dass das unnötig ist, da sich bereits viel früher am Sage auf etwa 450 Metern NPD Strecke eine unräumbare Blockade formiert und niedergelassen hat.

npd-blockade-heinrich-heine-strasse
Die Hauptblockade Heinrich Heine Strasse um 11 Uhr – kein Durchkommen

Später schaffte es eine kleinere Blockade noch eine Strasse weiter also auf knapp 280 Meter Demostrecke. Die wäre zwar hart räumbar gewesen hätte aber eben nur 170 Meter weiter geführt.

die "kleine" blockde, die es zwischen Jannowitzbrücke und Sage Club geschafft hat und ein paar Idioten auf der jannowitzbrücke (erkennbar an den schwarz weiss roten Fahnen)
Im Hintergrund die „kleine“ Blockade, die es zwischen Jannowitzbrücke und Sage Club geschafft hat und die paar Idioten auf der Jannowitzbrücke (erkennbar an den schwarz weiss roten Fahnen)
– Leider weiss ich nicht mehr genau, wer der Fotograf dieses Fotos ist…

Mir zeigte es, dass ich hier nicht gebraucht würde, zog also zu den kleineren Blockaden in den Seitenstrassen, die nach und nach alle sehr gut besetzt wurden. Überalls deutlich mehr Demonstranten als Polizisten und Faktor X zu dem jämmerlichen Häufchen Elend auf der Jannowitzbrücke.

npd demo berlin kreuzberg
Nebenblockade Neue Jakobstrasse (wurde dann auch noch viel voller 😉 )

Laut Medien irgendwas zwischen 4.000 und 6.000 Gegendemonstranten bei 8 Blockaden hinter der NPD, vor der NPD und an jeder kleinen Strasse, die eine Ausweichroute hätte darstellen können. Einigermaßen friedlich durchkommen?? Keine Chance.

npd blockade

Es war ein tolles Bild. Ich stand später am Wasser der Spree und schaute auf die andere Spreeseite und sah nur Menschen. Ein echtes Happening und – vollkommen friedlich.

npd demonstration blockade spreeseite
Die Spreeseite ist voll besetzt

Kurzzeitig wurden die Polizisten vor uns zwar sehr unruhig, als irgendwo eine Blockade nicht mehr benötigt wurde und mehrere hundert Personen auf einen Schlag zu uns stiessen.

hinten kommen hunderte von einer nicht (mehr) benötigten Blockade
hinten kommen hunderte von einer nicht (mehr) benötigten Blockade

Helme runter – Pfefferspray entsichern – böse gucken.. Blieb aber friedlich.

polizei
Die Thüringer Jungs ohne Kennzeichen wieder entspannt als klar war, dass die NPD umkehrt und alles ruhig bleibt.

Vor allem, weil die NPD dann tatsächlich auch nicht weit kam. Die NPD kam bis halb zum Sage – und musste einsehen, dass es in keine Richtung weitergeht. Also kehrte sie zurück und stieg in die S-Bahn in Richtung Adlershof wo sie eine kurzfristige Spontan-Demo abhielt. Sie kam also wirklich nur 200 Meter weit!!!. – Und das weit weit weg von Kreuzberg, auch wenn Herr Schmidtke seinen Kameraden weismachen wollte, sie seien in Kreuzberg. Wir wussten es besser!

Die Jubeldemo ist am Moritzplatz angekommen. also dort, wo die NPD eindeutig nicht hingekommen ist
Die Jubeldemo ist am Moritzplatz angekommen. also dort, wo die NPD eindeutig nicht hingekommen ist

Als die Rechten sicher in der S-Bahn waren ging es dann von allen Barrikaden als Jubeldemo zum Moritzplatz. Wir kamen an, die NPD nicht.

Ein paar schöne Nebenanekdoten gab es auch.
npd demonstration berlinDas habe ich zwar nicht mitbekommen. Aber es erklärt, warum da auf einmal Menschen waren. Bis dahin war nämlich noch eine kurze Rundstrecke möglich… Dann nicht mehr 🙂

npd demo berlinNur eine Sache ist mir gestern negativ aufgefallen. Es gibt in Berlin ja seit 2011 eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Eine klare Nummer aber keine Namen oder ähnliches. Sehr gut. Doch ich sah diese beiden Polizisten gestern nicht und musste feststellen, dass ich mich irre.

Die Kennzeichnungspflicht gilt nur für Berliner Polizisten, aber nicht für Polizisten, die in Berlin Polizeigewalt wahrnehmen bzw. ausüben – wenn sie nicht aus Berlin sind.

Die Thüringer Polizisten brauchten sich also nicht zu erkennen geben. Man stelle dann also an kritische Punkte einfach Polizei aus anderen Bundesländern und alles ist fein? Was für ein Bullshit…

schöne flagge

Großartig auch das Brautpaar, dass aus der Kirche am Märkischen Museum kam und von vielen hunderten Demonstranten bei der Abfahrt mit ihrer weissen Kutsche bejubelt wurde. Die Hochzeitsgesellschaft werden die beiden sicher nie vergessen. Auch wenn sie danach noch ein paar Mal anhalten mussten, da ihnen Polizeiwagen den Weg versperrten.

Hochzeit-bei-der-npd-demo

Insgesamt war es eine wunderbar erfolgreiche Gegendemonstration mit vielen freundlichen Demonstranten und allerbestem Wetter, bei dem die Rechten nur 150 Meter kamen und Kreuzberg nicht einmal von weitem sehen konnten.

Ich habe mal zur Sollstrecke (rot) die Ist-strecke (blau) hinzugefügt – und die Blockaden (pink) 🙂

NPD Demo Kreuzberg ist und soll

150 Meter is keine Demonstration !!!
Weiter gehts am 1. Mai in Neukölln 🙂

 

Myfest 2013

Myfest 2013

Das Myfest ist und bleibt für mich das beste Strassenfest weltweit – mindestens! Ich weiss, dass manche das anders sehen und für jene das Myfest ein „Scheiss Polizeifest“ ist. Okay, dann eben das weltweit beste Polizeifest. Bin ich auch mit zufrieden.

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Auch wenn ich merke, wie sich Kreuzberg langsam aber sicher verändert, so hält sich gefühlt das Thema Gentrifizierung hier immer noch in Grenzen. Die Oranienstrasse lebt noch, wenn ich auf den Oranienplatz schaue, schaue ich auf Refugee Camp, etwas, was in anderen Stadtteilen kaum bis un-denkbar wäre und ich fühle mich generell noch wohl.

Ich finde es auch okay, wenn am 1.Mai kein Polizeiausnahmezustand ist, und keine Autos brennen. Statt in die Fresse gib es auf die Ohren und zwar so richtig. Punk, Indie, Reggae und Dancehall, Hip Hop, Weltmusik, Electro und noch mancheines mehr mit x (= große Zahl) an Bühnen machen das Myfest einfach zu einem Genuss.

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Dabei ist es eben auch kein kommerzialisiertes Fest, keine Becks Bühne, kein West Power Tower, kein Carlsberg Bierstand oder Bacardi Cocktailstand. Anwohner und anwohnende Gewerbetreibende sorgen für die Nahrung und Bars, Kneipen etc. für die Getränke und Beschallung. Und die ist so, dass die Oranienstrasse sowie alle Nebenstrassen bis Mitternacht pickepackevoll sind und keine Autos brennen müssen…

Ich liebe das Myfest für eine Girls-Punkband wie das Divakollektiv oder den einfach grandiosen Beatboxer am U-bahnhof Skalitzer Strasse. Für mich könnte jeden Tag Myfest sein…Obwohl, dann würde ich mich nicht mehr drauf freuen… Belassen wir es also einmal im Jahr und hoffen wir, dass der Bezirk nicht irgendwann die Mittel streicht, weil Kreuzberg zu ruhig geworden ist.

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Also bleibt laut

Kreuzberger Gentrifizierung

Kreuzberger Gentrifizierung
oder
Die Oranienstrasse – Pasta, Bubble Tea und Frau Fenster

Nach dem CSD in Berlin wollte ich noch nicht direkt nach Hause gehen – weil ich wirklich hungrig war und dringend etwas essen musste. Super, dass ich in der Oranienstrasse in Kreuzberg wohne, wo sich ein Restaurant neben dem anderen befindet, aufgelockert durch einige Cocktailbars und einigen Läden.

Nun sagt man ja, dass eine Strasse so lange gesund ist, solange es in ihr Blumenläden und Bückerläden gibt. Beides gibt es in der Oranienstrasse und die Cocktailbars sind deutlich nicht so hipp, wie im Prenzlauer Berg. Auch ein typisches Latte Machiato Café gibt es (noch) nicht und selbst das einzige Spielcasino der Oranienstrasse hat jüngst Dicht gemacht.

Alles in Allem bin ich also mit meiner Strasse sehr zufrieden, wenngleich sich erste gentrifizierungsvorzeichen nicht leugnen lassen. Da kommt schon mal die polizei in meine Stammbar, weil sich ein Nachbar über die Musik beschwert oder man sieht dort seit längerer zeit auch den ersten Bubble Tea Laden, der mir in berlin aufgefallen war. Ein unschweres Zeugnis von Gentrifizierung… oder?

Nun ich auf jeden Fall checkte in meinem Kunstrasen CSD Outfit in einen Pasta und Pizza Laden direkt neben dem Bubble Tea Laden ein und lernte meine Strasse etwas näher kennen, ausgerechnet von der Besitzerin des Bubble Tea Ladens. Ich setzte mich nämlich nach draussen und wartete schmerzenden Fusses auf meine Pasta, als sie , die direkt daneben vor ihrem Laden sass, rüberrief, sie wolle ein Foto von mir in meinem Outfit vor ihrem Laden machen.

Klar, ich sage ja nie nein zu einem Foto, schon garnicht, wenn dafür mein CSD Outfit herhalten darf, also setzte ich mich zu ihr als Lohn einen Bubble Tea ausgegeben – garnicht übel, wenngleich doch ein teurer Tee, aber egal, wir kamen auf jeden Fall ins Gespräch, über die Strasse und unser beiden Gründe, gerade in der Oranienstrasse zu sein.

Mit meinem Bild der Oranienstrasse vor 27 Jahren und dem suchen auf diesem Bild, was sich davon noch so wiederfinden liesse, kamen wir auch auf das Thema Gentrifizierung mit all den dazugehörigen Problemen, wie eben auch bubble Tea Läden… 🙂

Auf meine Frage, ob sie denn nicht meint, ein Teil dieses Problems zu sein, meinte sie „Ja schon, aber“ und ich muss zugestehen, dieses „Aber“ hat mich einigermaßen überzeugt. Mitnichten hat sie sich nämlich irgendwann gedacht „Mach ich doch mal nen Bubble Tea Laden auf und überzeuge den Hauseigentümer, mit einer dann höheren Miete, den bisher ansässigen Friseur rauszuklagen…

Falsch. Ihr Freund, ist der vorherige Friseur, dessen Laden sich aber nicht mehr wirklich rechnete und über kurz oder lang vorm Ende war dann überlegten sich beide, was das bedeutet und wie es wohl weitergehen könnte. Sie kamen auf das Thema Bubble tea und verfrachteten das Friseur Interieur dorthin, wo es nun auf das Ende des Bubble tea Booms wartet und jederzeit wieder ausgemottet werden kann um den jetzigen Bubble Tea Laden vielleicht wieder in einen Friseursalon zu verwandeln. Möglich zumindest wäres es.

Sie konnte mich auf jeden fall übverzeugen, dass ihr etwas an dieser Strasse liege und wie gesagt, sie sind nicht neu, sondern als Inhaber länger dort ansässig als ich – und als Weiterhin-Mieter tatsächlich sogar dafür zuständig, dass mindestens eine Miete eben nicht gestiegen ist. Eigentlich hat sich nur der Name und Inhalt des Ladens geändert, sonst nichts. Auch nicht der Zusammenhalt der Läden untereinander, der weiterhin klasse sei, wie ich auch erkennen konnte, als mir meine Pasta direkt zum Nebenladen gebracht wurde, vor dem ich ja nun schon eine Weile saß.

Dabei konnte sie mir auch gleich ein nettes Beispiel nennen, dass diese Strasse eh einen viel größeren Zusammenhang habe, als man in einer gentrifizierten Strasse gemeinhin erwarte, sie zeigte auf die andere Strassenseite, wo eine ältere Dame aus dem ersten Stock schaute und von Mädels, die offensichtlich gerade nach hause kamen als „Hallo Frau Fenster“ begrüsst wurde.

ich hatte Frau Fenster durchaus auch schon mal gesehen, wirklich aufgefallen wäre sie mir aber nicht, auf jeden Fall ist – wie ich nun bestätigen kann, Frau Fenster nahezu ständig am Fenster zu sehen und allen Menschen der Umgegend als „Frau Fenster“ bekannt.

Nun fiel es vor einiger zeit schnell auf, dass Frau Fenster bereits einen zweiten Tag nicht am Fenster war und Läden sowie Nachbarn machten sich Sorgen, sodass sie tatsächlich die Feuerwehr riefen, die herausfand, dass die ältere dame in der Wohnung schwer gestürzt war und tatsächlich Hilfe benötigte…

Ganz ehrlich, eine Strasse mit einer Historie wie der Oranienstrasse, mit Bücher- und Blumenläden, mit Läden, die lieber etwas neues probieren, als die Strasse zu verlassen und einer Nachbarschaft, die noch merkt, wenn Nachbarn auf einmal nicht da sind, ist weit weg gentrifiziert zu sein. Ich mag meine Strasse …

Ich mag Kreuzberg

Ich mag Kreuzberg, genaugenommen mein Kreuzberg 36. warum, das wird mir immer wieder klar, wenn ich beispielsweise die Oranienstrasse entlang schlendere und ein Plakat wie folgendes sehe:

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Eine tätowierte, feministische und anti-homophobe berliner Rapperin mit Burlesque Hütchen gegen Nazis. Was mehr kann etwas über Kreuzberg 36 aussagen? Ich dachte zwar erst, sie sei auch noch eine Türkin, aber das hat sich nach einem Blick auf ihren Wikipedia Eintrag nicht bewahrheitet. Und trotzdem. Das ist einer der Gründe, warum ich in Kreuzberg wohne. Und das gerne

Oranienstrasse Kreuzberg

Viel zu früh – soll heissen gegen drei Uhr – Kam ich am Samstag nach Hause, stellte mein Auto ab und fragte mich, ob das tatsächlich alles gewesen sein sollte. Ich glaube, ich bin häufiger gegen drei aus dem Haus gegangen, als nach Hause gekommen. Ans Bett war nicht zu denken, immerhin war ich ja auch erst um 18:00 aufgestanden…. So überlegte ich also.

oranienstrasse bar39

Nun in der Oranienstrasse, keine dreihundert Meter von meiner Wohnung liegt meine Stammbar, die Bar 39, in der ich eigentlich jeden Sonntag die Woche bei einem oder zwei oder drei Mojitos Revue passieren lasse und wo ich die gesammelten Geschichten des Wochenendes in meinen Laptop hacke.

Dem Barkeeper habe ich beizeiten schon mal Fotos von mir gezeigt und er lud mich ein, dass ich dringend mal vorbeikommen sollte, warum also nicht, den Abend in der Bar 39 ausklingen lassen…? Mittlerweile weiss ich allerdings, dass er nur am Freitag und Sonntag dort arbeitet und Samstags ein Kollege die Bar hütet. Egal. Auch der konnte einen guten Mojito machen und war auch nur leicht über mich verwundert. Kreuzberg und vor allem Berlin eben.

oranienstrasse berlin

Zwar zahlte ich den bestellten Mojito selber, aber den Wodka dazwischen, der mir hingestellt wurde nicht und auch den seltsamen roten Cocktail im typischen Cocktailglas nicht, der mir ungefragt gemixt wurde. Auf meine Frage, was das wohl sei, antwortete er mir „Das musst Du doch wissen. 4 Damen und der Lieblingsdrink von Carrie“ …okay, der Name ist klar, aber ich gebe zu Sex and the City nie gesehen zu haben und somit ist mir auch der Cosmopolitan nicht ganz geläufig.

Vodka und Grenadine. Viel Vodka und ein kleinwenig Grenadine für die Farbe… Huuuh, ich wurde so angeschickert, dass ich sogar die angebotenen Promo-Zigaretten annahm und nicht nur soff, sondern auch noch rauchte. Hilfe. Ich könnte jetzt auch noch ein Bild von mir und dem Barkeeper einstellen, aber er bat mich es „aber nicht auf Facebook posten“ ….nun könnte ich ja meinen, mein Blog sei eindeutig nicht Facebook. aber es ist noch öffentlicher 🙂

Naja kurz nach vier war ich einer der letzten Gäste und die Bar 39 machte langsam dicht, ich nun langsam ebenso überlegte, was zu tun sei. Also wanderte ich die Oranienstrasse hoch in Richtung Cake, wo ich auf auf ein paar weitere Cocktails ein  kehrte, bis ebendieses Cake gegen 5 ebenfalls dicht machte und ich wieder einmal vor dem Gedanken stand, nach Hause zu gehen oder eben nicht….

oranienstrasse kreuzberg rosesIch ging nicht, sondern wanderte weiter die Oranienstrasse hoch, um das Roses AKA „die kitschigste Bar der Welt“ heimzusuchen und dort die Becks Lemon Ecke der Bar auszutrinken, so, dass ich am Ende bei echtem Bier „Becks ohne Lemon“ landete, das war da aber eh egal, ich merkte eh nicht mehr viel.

Im wunderbaren Sonnenschein kam ich also auch den Samstag nach Hause und ich wunderte mich am Sonntag, dass ich es tatsächlich noch geschafft habe, meine Kontaktlinsen herauszunehmen und mich abzuschminken…

Okay, in der Oranienstrasse kann man hervorragend abstürzen. Das gute ist, ich kann dann direkt ins Bett fallen.

Berlin Biennale Eröffnung im Kaufhaus Maassen

Seit ich in Berlin Wohne – genaugenommen am Oranienplatz in Kreuzberg, schaue ich auf ein schönes altes, großes, imposantes, sechsstöckiges Gebäude, dass leider vollkommen leer steht. Seither frage ich mich, was es wohl mal war und warum es leer steht, ausserdem schwelge ich häufiger in Gedanken, was man daraus wohl machen könnte.

kaufhaus maassen oranienplatz

Zu iener Zeit, als die Oranienstrasse der Kurfürstendamm von Kreuzberg gewesen sein soll, war dieses Gebäude das Kaufhaus Maassen, das größtes Spezialhaus für Damenbekleidung in Deutschland. Nur wenige hundert Meter vom ersten WErtheim Kaufhaus, konnte die Dame von Welt hier alles nötige kaufen, seien es Pelze oder pariser Mode. Alles gab es im Kaufhaus Maassen. Irgendwann war es zu ende, der Krieg kam, das Haus verfiel und stand leer. Ende 2003 wurde das Haus vollständig renoviert – und steht seither wieder leer.

eröffnung Berlin biennale

Die letzten Wochen konnte ich an einigen kleinen Merkmalen erkennen, dass sich daran etwas ändert, Ich sah Lichter, ich sah Arbeiter, die herein oder herauskamen. offensichtlich sollte das Kaufhaus Maassen aus dem lagen Winterschlaf erwachen. Heute war es so weit…. Am Seiteneingang standen große, breite Männer – Türsteher – und davor stand eine Schlange wartender Menschen…. Hmm eine Schlange… stell ich mich auch mal an.

eröffnung biennale Berlin

Es stellte sich heraus, dass es sich um eine Eröffnungsveranstaltung der Berlin Biennale handelte und somit hinter den Mauern eine Vernissage zeitgenössischer Kunst durchgeführt wurde. Eintritt auf Einladung… Die hatte ich natürlich nicht, aber es fragte niemand nach diesen Einladungen und so wurde ich eingelassen.

kapitalismus biennale

Die großen Räume wurden mit verkleidetem Sperrholz in viele kleine Räume unterteilt, von denen viele als kleine Kinos für künstlerische Filmchen gebaut wurden. Längst nicht alle diese Filmchen habe ich verstanden, längst nicht alle erschlossen sich mir, aber ich glaube dass muss auch nicht so sein. Kunst ist ja immer das, was der Künstler als Kunst deklariert. Wenn sich über mehrere Minuten auf einer Leinwand nur verschieden farbige Rechtecke abwechseln, so ist das eben Kunst.

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Generell war wohl Gesellschaftskritik ein Thema der Vernissage, so haben mich eher zwei Filme in den bann gezogen. Einer der Filme zeigte auf zwei Leinwänden Szenen von französischen Demonstrationen, Singende, tanzende und vor allem wütende Franzosen mit Sprüchen – oft offensichtlich gegen Sarkosis. Oft ein Vorsänger auf einer Leinwand und die laute Antwort auf der anderen. Auch wenn ich nichts verstanden habe, war es sehr powervoll.

Berlin Biennale Eröffnung

Ein weiterer Film handelte von der DDR. Man sah Schüler, die sich über die Ausbeutung der (West)-Deutschen Arbeitnehmer unterhielten, um eine Französin, die bis zur Wende in Ostdeutschland Gesellschaftskunde studiert hat und sich dann in einer neuen Weltgesellschaft zurechtfinden musste, Um eine Lehrerin, die zur Wendezeit Fragen nicht beantworten konnte und man sah eine Leistungssportlerin, die erzählte, so spannend, dass ich den Film doppelt sah…

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Ansonsten hat wohl am meisten Aufmerksamkeit ein nackter Mann in einem Glaskasten erzeugt, der über und über mit Krankheiten besäät äääh beschrieben war. Sicherlich das meistfotografierteste Objekt auf dieser Vernissage der Biennale. Zeitgenössische Kunst – wenn der Künstler das sagt, und sicherlich auch ein wenig ein Versuch, ein Bild in den Zeitungen zu erhaschen.

biennale berlin

Mir hat diese Vernissage irgendwie schon gefallen, auch wenn vieles an mir vorbeiging, wie beispielsweise der stehende Stegosaurus im Hinterhof und der daneben liegende Elefant… oder sollte es ein Mammut sein? Ich weiss es nicht, aber für mich war eh der Star das Gebäude des Ex Kaufhaus Maassen.

berlin biennale

Nur allzugerne hätte ich allerdings die Biennalen Eröffnungsparty im Kiki Blofeld besucht, hätte sich jemand gefunden, der mitkommen wollte.