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Keine Angst vor Punk

Keine Angst vor Punk
Oder: Randale machten andere

Was musste ich in Freitag lesen, als ich eigentlich nur nach dem Ergebnis des Freitagsspiels der Bundesliga schauen wollte. Spiegel Online schrieb von übelsten Ausschreitungen in Kreuzberg und ich habe von alledem nichts mitbekommen. Wer aucgh immer das war, die Punks, die sich gerade mit mir vor der Trinkteufel Bühne versammelt hatten und die Towerblocks hörten – und das waren eine ganze Menge – hatten nichts damit zu tun. Überhaupt schien mir das ganze eher von anderer Seite auszugehen, aber davon an anderer Stelle mehr.

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Also auf der Trinkteufel Bühne spielte die Towerblocks und die Strophe „Be proud to be Punk, be proud to be psycho or maybe a skinhead“ konnte ich so absolut unterschreiben. Okay okay, ich bin weder das eine noch das andere und auch nicht das letzte, aber ich komme aus der musikalischen Ecke mit laut und dreckig. oder laut und melodisch. Und die Towerblocks boten das. Interessant für mich war, dass es super friedlich war. Sowohl Gäste als auch Security waren vollkommen entspannt. Ein Punk, der angetrunken war wurde von anderen mehrfach von der Absperrung gepflückt und wenn er doch einmal rüberkam wurde er ebenso mehrfach freundlich von der Security eingefangen und wiieder vor die Absperrung gebracht. Super Security.

Überhaupt kann man den Machern vom Myfest nur gratulieren. Tolle Orga, gelassene aber genügend und gute Security, und sogar bezahlte Flaschensammler, die potentielle Wurfgeschosse einsammelten.

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Was die Musik anging hat dieses Jahr die Trinkteufel Bühne gegen die Coretex Bühne gewonnen. Gut indess und von Massen an kunstvollen Irokesen-Frisuren und Flats bevölkert waren beide Bühnen. Und es hat sich auch nichts beim Ausdruck „bevölkert“ getan, als später an anderer Stelle Randale war. Das schöne Sprichtwort „Da geht der Punk ab“ stimmte nicht, der ging auf und vor der Bühne ab. Beispielsweise noch mit The Headlines, dessen Bassistig eindeutig Punkte für ihre Frisur bekam, während bei Frontkick diese Punkte eher an den Herren an der Leadgitarre gingen. Auf jeden Fall ging es um Attitüde und um Musik, nicht jedoch um Randale. Der Sinn des Myfest ging also absolut auf.

Später, als die meisten Bühnen bereits dicht gemacht hatten, tanzte ich an der Viva Con Aqua Bühne und keine 30 Meter weiter brannte es dann doch noch. Jugendliche mit – wie man so schön sagt – Migrationshintergrund brannten auf der Strasse Pappe und Kartons an. Klar, die brennen gut, verbrennen aber auch ganz schön schnell. Insgesamt schien mir das allerdings eher Kinderkram zu sein. Idioten und Krawallmacher ohne politische Botschaft. Man hätte ihnen links und rechts eine zimmern sollen. Die Polizei jedoch ging auf Nummer sicher und gab eine wohldosierte (wohl reichlich dosierte) Ladung Pfefferspray ab, dass dann leider auch unbeteiligte vor der Viva Con Aqua Bühne traf. Ganz schön durchdringend das Zeug.

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Insagesamt muss ich aber auch der Polizei ein riesen Lob machen, obwohl sie zu späterer bzw. früherer Stunde in 30er Trupps schwergepanzert durchs Myfest streunten, blieben sie einigermaßen locker und liessen sich auch von Provokationen nicht aus der ruhe bringen. Nur das mit dem Pfeffersprach hätte eben nicht wirklich sein müssen.

diese Liebe war einseitig

Insgesamt: Punks ruhig und gelassen, Security ruhig und gelassen, Polizei ruhig und gelassen. Und dass idioten die Feuer machen und Barrikaden bauen nen Knüppel und Pfefferspray bekommen ist deren eigene Schuld. Insgesamt scheint mir, je kunstvoller der iro, desto weniger ein Chaot.

Myfest Kreuzberg

Myfest Kreuzberg, einer der Gründe warum ich hier lebe.

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In Hamburg war mein absolut liebstes Fest der Hafengeburtstag. Ich fieberte jedes Jahr schon Tage und Wochen vorher darauf hin, und ich liebte es, dort von Musikbühne zu Musikbühne zu streifen und neue Musik sowie altbekanntes zu sehen. Besonders begeisterten mich immer die Undergroundbühnen in der Bernhard Nocht Strasse, Punkbands, Soundsystems, Reggae, Hip Hop und all das eben nicht gesponsert von einem großen Bierhersteller oder Radiosender. Hier ist Musik irgendwie noch echter und die Besucher sind ebenso spannender.

ein kleiner Pirat mit Schallschutzkopfhörern vor der Trinkteufel Bühne

In Berlin gibt es ähnliches, nur ohne Hafen und ganz ohne Becks Bühnen. Das Myfest Kreuzberg. Schon letztes Jahr war ich dort – meistens an der Coretex Bühne – und generell ziemlich begeistert. Ich kenne ansonsten kein Strassenfest, wo so unterschiedliche Personen und Musikstile in solch einer Masse aufeinandertreffen.

Schon letztes Jahr wurde ich am 1. Mai um 12 Uhr von „Deutschland muss sterben“ geweckt, weil die revolutionäre 1. Mai Demo auf dem Platz vor meiner Wohnung startet. Das mit Slime scheint aber ein ritual zu sein, denn auch in diesem Jahr weckten sie mich wieder mit Slime um mir dann zu erklären, dass „das System weg muss“ und nur die kommunistische Weltrevolution uns weiterhelfen würde… na denn. Das hat sie ja auch in der Vergangenheit gezeigt.

Nundenn, danach gings los, die große Bühne auf dem Oranienplatz machte noch eine ganze Menge Soundchecks bevor es dann wirklich losging. Wie schon gesagt mit Musikstilen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der Bühne mühte sich gerade ein Möchtegern-Gangsterrapper vor seinen paar Gangsterrapper-Freunden und einigen Besuchern ab während 50 Meter weiter Punks zu „Griechischer Wein von einer Blaskapelle gespielt tanzten…

Für mich war es dann der Grund aufzustehen und das Myfest Kreuzberg bis nachts zu besuchen, mich vollzufressen und von einer Bühne zur nächsten zu ziehen – und es gab viele Bühnen. Gangsterrapper, Blaskapellen, Rhytmus Kongos, Liedermacher, Soulstimmen, Human Beatboxes, Reggae Soundsystems, House DJ’s, Türkische Folklore, Hardcorebands, Punkbands, Skabands, Hip-Hopper, Folkbands. Hab ich was vergessen? Bestimmt 12 Bühnen + diverse Plätze für Musik ohne Bühne. Großartig für jemanden wie mich.

Beim Essen war es ähnlich, man denke sich ein Land aus uns bekam sicher auch davon etwas zu essen – irgendwo. Das interessante am Myfest Kreuzberg ist aber der wenig kommerzielle Anstrich. Selbstverständlich kosten die Bands Geld, aber sie wurden nicht von einem Getränkehersteller gesponsert, es gab auch keine externen Anbieter sondern jeder Laden hat seinen Beitrag zum Myfest beigetragen. Und all das hatte durchaus einen politischen Bezug links der rechten Mitte. So mag ich es.

Multikulti Essen

Erstaunlich auch, dass ich eigentlich den ganzen Tag bis in die Abendstunden auf dem Myfest keine Polizei gesehen habe, nichteinmal, als die berühmt-berüchtigte „18 Uhr Demo“ friedlich durchs Myfest zog

Ich Marx einfach nicht

Wie gesagt, das Myfest Kreuzberg ist einer der Gründe, warum ich gerne hier lebe.