Meine Kollegin, die sich die letzte Woche extra vollkommen für die Berlinale freigenommen hat um von Kino zu Kino zu wandern, war beim Lesen des Programms leicht verwundert, dass dort so viele schwule Filme liefen.

Tja, liebe Sabine, das liegt an einem knuddeligen kleinen Bärchen, der im Rahmen der Berlinale verteilt wird. Genauergenommen dem Teddy, dem weltweit renommiertesten queeren Filmpreis, der am letzten Wochenende mal wieder im Flughafen Tempelhof verliehen wurde.  Zeit, die großartige Abflughalle mal wieder zu besuchen.

Wichtige Menschen saßen in einem Bereich, der groß als VIP bezeichnet wurde, weniger wichtige im Business-Bereich und unwichtige Menschen im Economy Bereich. Meine Presseeinladung galt für letzteres und selbst da gab es hinter mir nur noch zwei Reihen Stühle hinter mir… Was solls, gab es vorne doch genug Platz und da ich ja nicht möchte, dass leere Plätze im Fernsehen erscheinen setzte ich mich kurzerhand um… man will ja auch etwas mitbekommen vom Teddy.

Beispielsweise von den Showacts. Zum Beispiel von Stereo Total, die ich eigentlich immer schon mal sehen wollte, die mich aber nicht wirklich begeistern konnten. Peaches hat mich da schon eher begeistert. Sie ist eben schon wirklich cool.

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Eher unbeholfen war hingegen der Leiter der Berlinale, der seinen kurzen Auftritt vor allem damit verbrachte, sich mehr oder weniger um Kopf und Kragen zu reden, mit komischen Ansichten zum Thema *trans und offensichtlich doch einem Problem da zu sein. So musste er dringend erklären, dass sein Kollege zwar dabei sei, aber man nichts über ihn denken sollte, er sei Straight also genau wie er selber… Spannend dann auch seine These zu Homophobie in Männergesellschaften. Das liege vor allem daran, dass dort der Fleichgenuss extrem wäre…  Ähhhja.. Is recht.

Aber es geht ja nicht um Filmpreisausrichter sondern um Filme. So die üblicherweise von der Siegessäule verliehene Goldelse. Diese wurde an den Film Parada zu Recht verliehen, dem Filmausschnitt, der auch bei mir Gänsehaut hervorrief. Es geht dabei um die Ausrichtung einer Gay Parade in Belgrad…. der Film wurde 500.000 mal angesehen. Und das bei nur 7,5 Mio Einwohnern in Serbien. Erstaunlich. Und jedes Jahr wieder aktuell.

Gab es 2010 eine Gaypride in Belgrad mit vielen Ausschreitungen wurde sie 2011 gleich ganz verboten. Vielleicht bringt der Film ja positives für eine Gaypride 2012 in Belgrad. Schön wärs.

Am meisten Applaus gab es aber für die Verleihung des ersten Special Teddy an Mario Montez, welche als Queen Mum of all Superstars angekündigt wurde… Eigentlich eine Frechheit? Aber Mario Montez ist bald 80 Jahre alt und schaut dafür noch großartig aus und ist absolut noch am Leben – anders als Queen Mum. Mario Montez ist als Transvestit in Undergroundfilmen unter anderem von Andy Warhol bekannt geworden und man spricht von einer historischen Rolle in der Emanzipation von Homosexuellen und Transvestiten. Man dankt also vollkommen ehrlich.

Auch das Hauptthema war sehr Translastig und hiess „Transrespect Vs. Transphobie“ und zeigte mal wieder, welch ein Glück man haben kann, in Deutschland zu leben und nicht in Ländern mit Zwangssterilisation oder anderen nicht wirklich einladenden Dingen. Ein wirklich hartes Leben in anderen Ländern…

Aber da zu einem Teddy auch immer passende Musik gehört kam danach Marianne Rosenberg auf die Bühne und sang mit wirklich toller Stimme neben einigen neueren Stücken auch Marleen und die Herrengruppe neben mir zeigte sich dabei als sehr textsichere und wirklich große Fans …. Ob sie nur für Marianne Rosenberg da waren??? Man weiss es nicht, vielleicht aber auch für den Hauptteddy.

Dieser ging an Keep the Lights on, einen Film, der im Ausschnitt nicht wirklich spannend aussah, Aber die Jury ist ja kompetent und wird sich da sicher sein. Außerdem hat der Film schon alleine daher einen Teddy für die Finanzierung verdient… Finanziers gibt es für solche Filme kaum, in diesem Fall schon… 400 Personen gaben für diesen Film Geld und sorgten dafür, dass er gedreht werden konnte. Großartig.

Ich hätte aber lieber etwas mehr vom leider nicht prämierten Film Una Noche gesehen, der offensichtlich von Cuba handelte. Sah ich doch dort das Hotel Nacional Cuba im Trailer… und da ich Havanna ja bereits besucht habe, wäre das sicher interessant gewesen.

Insgesamt fand ich den Teddy wieder ziemlich gut und über seine Strahlkraft über Berlin und Deutschland hinaus brauchen wir nicht reden. Eine erfolgreiche Veranstaltung mit netter Musik und wieder einmal einer tollen Aftershow Party. Ich freue mich auf den Teddy Award 2013.