Staatsbesuch in Berlin

Als Berliner ist man es ja gewohnt: Man fährt durch die Stadt und steht urplötzlich im Stau.

Das liegt dann nicht immer daran, dass zu viele Autos auf der Strasse sind, sondern oft einfach daran, dass ein Polizeimotorrad die Querstrasse versperrt, bis ein paar schwarze Limousinen begleitet von einigen grünen Motorrädern vorbeigefahren sind. Dann weiss man dass wieder irgendein wichtiger Politiker in der Stadt ist.

Letzte Woche erfuhr ich dieses sogar schon zwei Tage vorher. Wegen eines „Staatsbesuches“ würden am Donnerstag rum um das Axel Springer Gebäude massenweise Strasse gesperrt und sogar die Buslinie umgeleitet. Parken und die Benutzung der Tiefgarage seien somit nicht möglich…

Und wie es so ist, wenn ein Gut – in diesem Falle Parkplätze – künstlich verknappt sind, die Nachfrage nach Parkplätzen aber gleich bleibt. Ist es schwierig, einen mit den gleichen Mitteln wie bisher (knapp 10 Uhr vor Ort zu sein) zu erlangen. Dieses eingesehen, musste ich mein Fahrrad bemühen. Also genaugenommen mein neues altes.

Im letzten Winter hatte sich mein Fahrrad ja irgendwie verändert und so holte ich mir das alte Fahrrad meines Vaters in Hamburg.. Und da ich es nie nutzes interessierte es mich auch nie, dass dort nur wenig Luft in den Schläuchen war. Nur auf der Strasse und da auch vorsichtig fahrend ging das auch irgendwie, ich kam heil in der Hochsicherheitszone an, in der mich Polizisten aus Aachen mit den Worten „Ich weiss auch nicht, wie sie da hinkommen, ich komme aus Aachen“ weiterschickte.

In der Firma angekommen zeigte sich das gesamte Ausmaß an Strassensperren. Es war Sicherheitsstufe eins und das bekommen wohl nur ein Paar Staatspräsidenten, und an diesem Tag war es der Israelische Staatspräsident Benjamin Netanjahu. Wie mein Kollege schon sagte, einem Israelischen Staatspräsident DARF in Deutschland auf keinen Fall etwas passieren, selbst, wenn es auf Kosten von Parkplätzen geht. Gezählte 25 schwarze Limousinen waren es dann am Ende, die an unserem Büro begleitet von unzähliger Polizei und unterstützt von einem Polizeihubschrauber an unserem Büro vorbeifuhren… Der Spuk war dann aber schnell zuende. Doch ich musste trotzdem mit meinem Fahrrad und mit wenig Luft zurückfahren.

Dabei hatte ich die großartige Idee, doch bei der Tankstelle vorbeizuradeln, um etwas Luft aufzufüllen. Weniger großartig fand ich die Idee, als ich merkte, dass Luft nur reinging, wenn ich vorher das Ventil herausnahm… Ich habe mich allerdings dabei überschätzt, dass Ventil schnellgenug reindrehen zu können, denn die Luft war schneller wieder draussen, als man „Pft“ sagen konnte.

Ergo: Vorher hatte ich wenig Luft im Schlauch, danach gar keine mehr… Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt. Fuck!

Ich hatte ja noch die Hoffnung, an einem der tausenden Fahrrädern, an denen ich vorbeischob, eine Luftpumpe zu entdecken, die ich mir für ein Paar Minuten hätte ausleihen können, alleine es gab keine. In meiner Kindheit – als ich noch Fahrrad fuhr – hatte mein Fahrrad eine Luftpumpe, die ich jederzeit hätte nutzen können. Heutzutage in Berlin scheint das anders zu sein. Gestohlen, vergessen oder mutwillig zu Hause gelassen? Ich weiss es nicht.

Was sagt es über seinen Stadtteil, wenn keines von einigen hundert Fahrrädern, an denen man vorbeischiebt keine Luftpumpe – mehr – haben? Ich werde mal drüber nachdenken.

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